11/04 Zwei Stunden in die Maske

Sie kühlte ihre Füße in der knöcheltiefen Oos. Dieses kleine Flüsschen durchquert den Kurpark in Baden-Baden, und bei den hochsommerlichen Temperaturen war das eine geniale Idee. Dass sie Schauspielerin ist, wusste ich nicht.

Wir sprachen über Baden-Baden und die Tatsache, dass dieser Ort für junge Menschen wenig zu bieten hat. Aber dennoch lebt sie hier, denn nach der Schauspielschule in Stuttgart bekam sie am Stadttheater ihr erstes Engagement, bestimmt ein wahnsinniges Gefühl.

Sie machte einen sehr fröhlichen Eindruck. Leider hatte sie wenig Zeit, denn am Abend stand sie schon wieder auf den „Brettern“ und spielte zwei Rollen in „Die Vögel“ von Aristophanes, und das heißt nun einmal für zwei Stunden zum Maskenbildner.

Mir fiel ihre Ausgeglichenheit auf. Diese stand im totalen Gegensatz zu einem Bauingenieurstudenten, den ich zwei Tage vorher kennen gelernt hatte. Er hatte ein Jahr Uganda hinter sich, also auch ein sehr aktiver Typ. Er hatte sich gegen Architektur entschieden und ein mehr technisches Studium gewählt. Allerdings war er mit seiner Wahl nicht so richtig im Reinen, er hatte noch nicht den inneren Zugang zu seinem Studium gefunden.

Dies zeigt wieder einmal, dass die Studien- und Berufswahl eine ganz persönliche Entscheidung ist. Leider bedarf es oft einer gehörigen Portion Mut, um gegen die Einwände von außen anzukämpfen. Ich kann mir gut vorstellen, dass mir die Schauspielerin einiges darüber hätte erzählen können, besonders über den Stolz der aufkommt, wenn man seiner inneren Stimme folgt und für seinen Traumberuf kämpft.

Carl Schroebler

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